Die Risszeichnung als utopische Praxis

In PERRY RHODAN-Band 3319 "Rettet NATHAN!" des Chefautors der Serie, Ben Calvin Hary, wird auch eine lange Tradition dieser Science Fiction-Serie fortgesetzt – die Präsentation einer Risszeichnung. In dem genannten Heft stammt die fiktiv-technische Darstellung der Figur Aurelia Bina von mir. Sie ist eine semitronische Entität, ein künstliches Wesen, das sich als Frau versteht, Gefühle simulieren kann und eine biologische Hülle besitzt. Dadurch ähnelt sie einem Menschen so sehr, dass es schwer fällt, einen Unterschied zwischen künstlichem und natürlichem Wesen festzumachen. Mich fasziniert diese Figur und ich durfte eine Zeichnung von ihr für die Serie erstellen. Die Elemente sind freihand gezeichnet und im Rechner montiert. Wie üblich, befindet sich die Risszeichnung in der Heftmitte. Die Risszeichnungen als kulturelle Praxis habe ich u.a. in meinem Beitrag für Ästhetik & Kommunikation diskutiert, aus dem ich hier zitiere:

"Die Praxis, Risszeichnungen von Raumschiffen, Robotern oder Habitaten in Science-Fiction-Romanen und Publikationen abzubilden, ist (...) keine Erfindung der Perry Rhodan-Serie. Dennoch ist sie aus der Serie nicht wegzudenken und besitzt eine lange Tradition. (...) Die erste Risszeichnung der Perry Rhodan-Serie wurde in Heft 192 (Voltz, 1965) veröffentlicht und sogar auf der Titelseite unübersehbar angekündigt. Während Rudolf Zengerle und die erste Zeichnergeneration eine technische Ausbildung besaßen, waren die nachfolgenden Zeichner oft Fans, sie sich über den Kontakt zur Redaktion der Serie, in den Romanheften abgedruckte Tutorials oder das Fandom die Fähigkeiten aneigneten, Risszeichnungen zu gestalten."

"Die Partizipation der Fans im Science-Fiction-Fandom bildet (...) eine Art »In the loop«-System. Damit wird die SF nicht nur literarisch, sondern auch im Sinne einer kulturellen Praxis zum Labor der Antizipation zukünftiger Entwicklungen im Bereich der Mensch-Technik-Interaktion. Inhaltlich besteht ein besonderer Bezug zu komplexen technischen Systemen, wie sie Rechenanlagen darstellen. (...) Während sie letztlich imaginativ sind und eine Differenz zur Realität aufweisen, ist es gerade diese Differenz, die das Potential der Science-Fiction kennzeichnet. Mit dem Fandom selbst spannt sich ein utopischer Raum auf, in dem diese Inhalte nicht nur diskutiert werden; die Fans selbst tragen zu den Inhalten bei."

Link zur Ankündigung bei PERRY RHODAN: https://perry-rhodan.net/aktuelles/news/der-kern-einer-legende

Link zur Ausgabe 192-193 des Magazins Ästhetik & Kommunikation (Hrsg. Dierk Spreen et al.): https://aesthetikundkommunikation.de/2024/09/07/ausgabe-192-193-entfremdete-intelligenzen/ 



Dabei möchte ich auch auf die Ausstellung »IN LINEARTRÄUMEN – Die Risszeichnungen zur PERRY RHODAN-Serie« im Berliner Industriesalon Schöneweide im Sommer 2023 hinweisen, die von Gregor Sedlag kuratiert und für den Kurd Laßwitz-Preis nominiert wurde: http://www.phuturama.de/?p=3131

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