Bavarität – Outtakes part 4
Ein besonderes Thema konnte nicht mehr in "Bavarität" übernommen werden, weil schlicht die Zeit fehlte. Im Frühjahr 2024 war mein Buch bereits in Produktion, als das Thema der Realschule in Vilsbiburg in der fachlichen Öffentlichkeit diskutiert wurde. Die Veranstaltung zum Thema im Salzstadel in Landshut brachte Aufmerksamkeit und war insgesamt ein ziemlich wilder Ritt. Mein Post zur Sache wurde in der Fachpresse zitiert, und zwar hier: https://www.marlowes.de/von-betonkoepfen-und-beton-brut/ ... nun aber zum Text:
Abbruch und Neubau oder Erhalt und Umbau?
Eine Veranstaltung des BDA Regensburg-Niederbayern-Oberpfalz und des Vereins Architektur und Kunst Landshut am 17.01. war ein wichtiger und willkommener Anlass, um über den geplanten Abriss der Realschule in Vilsbiburg zu diskutieren. Im Salzstadl in Landshut trafen sich hierzu Vertreter der Kollegenschaft, der Politik und der interessierten Öffentlichkeit. Die Veranstaltung, von Michael Kühnlein eingeführt und von Ira Mazzoni moderiert, umfasste Impulsvorträge sowie einen konkreten Vorschlag, wie es mit der Planung des Projekts weitergehen könnte.
Ein Erhalt insbesondere der atmosphärischen Aula, 1967 nach dem Entwurf von Josef Winkler aus Sichtbeton gebaut, sei baukulturell wünschenswert und unter Gesichtspunkten der Barrierefreiheit möglich. Ein unabhängiges Büro mit Erfahrung zum Thema könnte eine Expertise verfassen, um den politischen Entscheidungsträgern eine Grundlage für wissensbasiertes Handeln zu bieten, die Alternativen zum Abriss aufzeigt.
Es kam zum Schlagabtausch mit einem Vertreter der Politik. Die Planer wüssten nicht, worüber sie redeten, die präsentierten Vergleiche zwischen verschiedenen Schulen wäre nicht nachvollziehbar. Entscheidungen müssten quantifiziert begründet werden. Dennoch bestünde ein Angebot des Schulbesuchs durch Fachleute, denen bislang der Zugang eben nicht gestattet worden war.
Die Gelegenheit zur Wortmeldung war daher günstig. Mit dem Hinweis, dass ich mich seit 2007 mit Planungskrisen befasse, konnte ich das Publikum zum Lachen bringen, der Icebreaker war erfolgreich. Inhaltlich stellt sich das Thema für mich so dar: Der Umbau oder Abriss der Schule ist im weitesten Sinn als ein Thema klimaadaptiver Planung zu deuten, alleine schon durch die höhere CO2-Produktion eines Neubaus im Vergleich zum Umbau. Bei Planungskrisen stellt man fest, dass es kleineren Kommunen an Kapazitäten zum Umgang mit adaptiver Planung fehlt. Die Überraschung des Vorredners über die Diskussionstiefe der Fachleute lässt sich so erklären. Das Einholen externer Expertise wird daher dringend angeraten.
Ich erwarte nicht, dass die politisch Verantwortlichen durch eine Expertise ihren aktuellen Weg, nun, adaptieren. Ein solcher Weg wird unter den gegebenen Umständen jedoch zu einem Problem politischer Legitimation.
Leider hat es mit dem Erhalt der Realschule Vilsbiburg nicht geklappt. Mittlerweile wurde das Gebäude abgerissen. Der Erhalt von Bauten bezieht sich auf ihre kulturelle Relevanz, die enthaltene graue Energie, den Ressourcenmangel und den Umstand, dass gebautes nicht erst gebaut werden muss. Dies ist vor dem Hintergrund des Bedarfs an schulischen Räumen besonders Paradox. Wenn es keine angemessenen Anpassungsstrategien für den Bestand gegeben haben sollte, müssen sich die Verantwortlichen an die Nase fassen. Vermeintlich konservative politische Akteure müssen sich ohnehin fragen, worin der Gehalt ihres konservativen Gestus besteht.
Photo: Alexander Bernhard
„Bavarität – Krisenbewältigung im baukulturellen Raum“ ist erhältlich auf der Website des Verlags sowie im Buchhandel.
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